Betriebssystem mit ausreichendem Marktanteil als Schlüssel
US-Forscher haben anhand anonymer Telefoniedaten von sechs Mio. Nutzer das Risikopotenzial mobiler Viren untersucht. Während es im Smartphone-Bereich bisher in Sachen Viren noch still blieb, könnte sich das den Wissenschaftlern der Northeastern University zufolge schnell ändern. "Sobald ein einzelnes Betriebssystem große Verbreitung findet, könnten wir potenziell Ausbrüche epidemischen Ausmaßes erleben", sagt Marta Gonzales, Mitautorin der im Magazin Science veröffentlichten Studie. Schädlinge könnten zur Ausbreitung auf Bluetooth, MMS oder die Kombination beider Angriffsvektoren nutzen. "Wissenschaftlich ist diese Studie interessant, obgleich derzeit wenig davon für Durchschnittsuser relevant sein dürfte", kommentiert Mikko Hyppönen, Chief Reserch Officer bei F-Secure. Ein Smartphone-Virus, der sich via Bluetooth ausbreitet, könnte den US-Forschern zufolge leicht neue Geräte im Umkreis von zehn bis 30 Metern befallen. Eine schnelle…
Verbreitung darüber hinaus sei aber unwahrscheinlich. Menschliche Verhaltens- und speziell Mobilitätsmuster sind dafür ein Hindernis. Sie würden es wohl ermöglichen, Bluetooth-Ausbrüche durch Gegenmaßnahmen einzudämmen. "Wir denken nicht, dass Bluetooth ein realistischer Ausbreitungsvektor für moderne Handy-Würmer ist", urteilt Hyppönen. Allerdings bestätigt er auf Nachfrage von pressetext, dass zielgerichtete Bluetooth-Attacken gegen einzelne Unternehmen denkbar wären und ein "erschreckendes Szenario" darstellen. Ein höheres Gefahrenpotenzial als durch Bluetooth orten die US-Wissenschaftler durch MMS-Viren. Sie könnten sich ähnlich wie manche Schädlinge am PC via Adressbuch schnell verbreiten. Die größte Gefahr ginge von Hybrid-Viren aus, die Bluetooth- und MMS-Verbreitung kombinieren, so die Forscher. "Für uns sind Ausbrüche von SMS-Würmern eine absolut realistische Bedrohung", meint wiederum Hyppönen. Denn dafür seien F-Secure bereits Beispiele bekannt. "Wir haben begrenzte Ausbrüche von SMS-Würmern in China beobachtet. Diese hätten leicht zum globalen Phänomen werden können", so der Sicherheitsexperte. Für Anwender sei der Unterschied zwischen MMS-Viren, die selbst verseucht sind, und SMS-Würmern, die lediglich Links zur eigentlichen Malware enthalten, gering. "In beiden Fällen ist es wahrscheinlich, dass Nutzer der Nachricht vertrauen, da sie von Bekannten stammen", erklärt Hyppönen. Dafür, dass es bisher noch keine großen Virenausbrüche im Smartphone-Bereich gab, machen die Northeastern-Forscher den fragmentierten Betriebssystem-Markt in Verbindung mit der begrenzten Verbreitung der intelligenten Handys verantwortlich. Wenn ein Betriebssystem eine ausreichend hohe Verbreitung erreicht, dürfte sich das ändern, so die Prognose der Forscher. Da der Smartphone-Markt ein jährliches Wachstum von 150 Prozent zeigt, könnte das relativ bald eintreten. Hyppönen betont dagegen, dass angesichts der schieren Zahl an Smartphones insbesondere Symbian mit etwa 50 Prozent globalem Marktanteil genügend Angriffsfläche bieten sollte. Eigentlich sei nicht recht erklärbar, warum es nicht mehr mobile Attacken gibt. "Vielleicht verdienen die Cyberkriminellen mit Infektionen von Windows-XP-Computern gut genug, um nicht diversifizieren zu müssen", vermutet der F-Secure-Experte (Boston/Helsinki, pte/23.05.2009/13:40).