Zwingt EuGH Online-Händler zu Preiserhöhungen? Die Frage des Wertersatzes im Falle des Widerrufes ist nicht nur nach deutschem Recht ein schwieriges Feld.
Während man sich nach deutschem Recht in erster Linie darum streitet, ob ein "Wertersatz für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme" bei eBay geltend gemacht werden kann, macht der europäische Gerichtshof nunmehr ein ganz großes Fass auf: Ein kleiner Vorlagebeschluss eines noch kleineren Amtsgerichtes kann zur Folge haben, dass Internethändler im Falle des Widerrufes ohne Wenn und Aber gar keinen Wertersatz mehr geltend machen können. Kippt das Amtsgericht Lahr den Wertersatz bei Widerruf? Aktuell ist aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Amtsgerichtes Lahr vor dem europäischen Gerichtshof ein Verfahren anhängig, bei dem es um grundsätzliche Fragen des Wertersatzes im Falle des Widerrufes geht. Allgemein geht es bei Wertersatzfragen darum, dass der Verbraucher im Falle des Widerrufes ein gekauftes Produkt zurückgeben muss. Wenn er dies benutzt, verbraucht oder beschädigt …
oder sonstige Nutzungen aus dem Produkt gezogen hat, kann es die Verpflichtung geben, dass er diese Schäden oder Nutzungen dem Internethändler ersetzen muss. In der aktuellen Musterwiderrufsbelehrung findet sich dies in der Formulierung in den Widerrufsfolgen wieder: "Können Sie uns die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nur im verschlechterten Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten." Am 18.02.2009 wurde in der Rechtssache vor dem europäischen Gerichtshof (Az.: C-489/07) der Schlussantrag der Generalanwältin gestellt. Im Ergebnis empfiehlt sie, Artikel 6 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 97/7/EG so auszulegen, dass es einer nationalen (deutschen) gesetzlichen Regelung entgegensteht, die generell besagt, dass der Verkäufer im Falle des fristgerechten Widerrufes durch den Verbraucher Wertersatz für die Nutzung des gelieferten Verbrauchsgutes verlangen kann. Nun mögen einige sagen, dies sei ja nur der Schlussantrag und noch lange nicht das Urteil. Statistisch ist es jedoch leider so, dass der europäische Gerichtshof überwiegend den Schlussanträgen des Generalanwaltes folgt. Somit kann der Antrag schon fast wie ein Urteil gewertet werden, obwohl dies aktuell noch nicht vorliegt. Konsequenzen für den Internethandel Auch die Generalanwältin erkennt, dass diese Auslegung des EU-Rechtes mit erheblichen Kosten für die Internethändler verbunden ist. Erheblich an der Praxis vorbei wird jedoch darauf hingewiesen, dass es bestimmte Produktgruppen gibt, bei denen ein Widerrufsrecht ausgeschlossen ist. Schon fast zynisch ist der Hinweis, dass der Händler zur Absicherung des Risikos auf Grund der Tatsache, dass er keinen Wertersatz verlangen kann, seine Preise so kalkuliert, dass er einen prozentualen Rücklauf mit einbezieht (Abs. 83). Dies zeigt die rechtlichen Folgen, die es für den Verbraucher geben wird, wenn der europäische Gerichtshof tatsächlich, wie beantragt, entscheidet: Alles wird teurer, weil die Händler, wenn sie keinen Wertersatz für eine benutzte Ware mehr geltend machen können, diesen "Schaden" preislich auf alle ihre Kunden umlegen werden. Des Weiteren wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Mindestfrist für den Widerruf mindestens sieben Werktage betragen muss und somit im Rahmen dieser "überschaubaren Zeitspanne" das Risiko des Lieferanten minimiert wird. Da der deutsche Gesetzgeber sich jedoch entschieden hat, die Widerrufsfrist je nach Belehrungsart und Zeitpunkt auf mindestens zwei Wochen, bei eBay jedoch auf einen Monat auszuweiten, sind erhebliche Nachteile für den deutschen Internethandel zu befürchten. Offensichtlich hatte auch die Kommission argumentiert, dass bei einem Missbrauch Einzelner des Widerrufsrechtes Kosten entstehen, die alle Verbraucher belasten. Der Schlussantrag selbst nimmt Bezug auf Beispiele, dass wenn Ware für einen speziellen Anlass im Fernabsatz bestellt und dann nach der anlassbezogenen Benutzung unter Widerruf wieder zurückgesandt wird, diesem Argument wird eher scheinheilig damit begegnet, dass die Befürchtung eines Missbrauchs durch Einzelne generell nicht dazu führen darf, den Schutz der Gemeinschaft rechtlich gewährleisteten Rechte für alle einzuschränken. Im Endergebnis wird es wohl düster für den deutschen Fernabsatzhandel ausgehen, da im Schlussantrag ausdrücklich die Frage verneint wird, ob ein Wertersatz nicht den eigenen Regelungsspielraum der Mitgliedsstaaten (Deutschland in diesem Fall) fällt. Quelle: http://www.channelpartner.de/knowledgecenter/recht/internet/273532/index.html