eu-Domains – EURid vermutet weitere Betrugsfälle

Kritiker fordern systematische Überprüfung.eu-Domains bleiben umstritten

Was Kritiker der .eu-Domainvergabe seit Monaten vermutet haben, ist von der offiziellen Vergabestelle EURid nun erstmals bestätigt worden. Zumindest 74.000 vergebene .eu-Domains von 400 potenziellen Scheinregistraren wurden vergangene Woche eingefroren, nachdem interne Untersuchungen auf Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe gestoßen waren. Drei hinter den Registraren steckende Unternehmen – Ovidio, Fausto und Gabino – sollen besagte Domains allein zum Zecke des professionellen Weiterverkaufs ersteigert haben. Die EURid hat unverzüglich Klage gegen die Verantwortlichen eingereicht – die Domains dürfen vorerst nicht weiterverkauft werden.

"Wenn man nachforscht, stößt man auf allerlei Dinge", will EURid-Sprecher Patrik Linden im Exklusiv-Interview mit pressetext weitere Ungereimtheiten nicht ausschließen. Ein weiterer Grabbing-Fall in derartigem Ausmaß sei derzeit zwar nicht bekannt. Untersuchungen gegenüber tausenden Antragsstellern, die eine für die Registrierung gültige europäische Anschriftadresse erst nachweisen müssten, seien allerdings im Laufen, so Linden. Wann die angesprochenen 74.000 Domains wieder freigegeben oder gar erneut der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, steht indes noch in den Sternen. "Die Gerichtsverhandlungen beginnen im Oktober dieses Jahres. Bis dahin bleiben zumindest die 400 Registrare gesperrt. Die Domains bleiben zwar aktiv, dürfen bis zu einem Urteil aber nicht weitergegeben werden", präzisiert Linden. Kritiker des Vergabeverfahrens werten die Neuentwicklung als Teilerfolg, fordern die EURid aber zu einer systematischen Überprüfung des gesamten Vergabeprozederes auf. "Unseren Berechnungen zufolge gibt es neben den 400 Registraren, die möglicherweise für eine Neuvergabe gesperrt werden, noch ca. 450 weitere Grabberfirmen, die ähnlich agieren", meint Vergabekritiker Daniel Kollinger von der Protestplattform EU-Domaindesaster. Nachdem rund 200.000 weitere .eu-Domainnamen mit ähnlichen Methoden erschlichen worden seien, sei es nun an der Zeit, die gesamte .eu-Vergabe zu untersuchen und betroffene Domains an die Allgemeinheit neu zu vergeben, so Kollinger. EURid-Sprecher Linden kann die vorgebrachte Kritik nicht teilen und weist darauf hin, dass man ohne eine entsprechende Beweislage nicht aktiv werden könne. "Wenn es Verdachtsmomente und Beweise für Unregelmäßigkeiten gibt, werden wir diesen wie bisher natürlich nachgehen", bekräftigt Linden und verweist auf eine funktionierende Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit und Registrierstellen. "Die Aufdeckung und Untersuchung derartiger Vorkommnisse ist eine fortlaufende Mission, die auch zukünftig allein durch die Neuregistrierung von .eu-Domains kein Ende finden wird", so Linden abschließend gegenüber pressetext (pressetext.austria, Brüssel, 28.07.2006).