Bis zum 8. Juni 2016 müssen Amazon Marketplace Händler entscheiden, ob sie einem paneuropäischen Versand ihrer Waren durch Amazon zustimmen oder nicht. Die Entscheidung ist nicht leicht zu fällen, schließlich muss der Händler sowohl bei Zustimmung als auch bei Ablehnung mit nicht unerheblichen Mehrkosten rechnen. Aber was genau bedeutet dieser Internationalisierungszwang für Amazon-Händler?
Die Internet World Messe hat für Online-Händler, die ihr Fulfillment durch Amazon abwickeln lassen, die wichtigsten Eckdaten recherchiert.
Online-Gigant Amazon will seine Logistik effizienter gestalten und setzt dabei auf einen paneuropäischen Versand. 29 Logistik-Zentren an 26 Standorten betreibt Amazon derzeit in Europa. Um das gesamte Potenzial dieses Netzwerks ausschöpfen zu können, muss es gleichmäßig ausgelastet werden. Das bedeutet, dass Waren deutscher Amazon Marketplace Händler, die ihr Fulfillment durch den Amazon-Service „Fulfillment by Amazon“ (FBA) abwickeln, auch im Ausland wie z.B. in Tschechien oder Polen gelagert werden können. Im Klartext: Waren eines deutschen Händlers können in Zukunft auch über Polen an deutsche Kunden versendet werden. Dazu bedarf es allerdings der Zustimmung des Händlers. Wer sich dagegen entscheidet, muss ab dem 8. Juni 2016 eine erhöhte Versandgebühr von 0,25 Euro für alle aus Deutschland versandten „Versand durch Amazon“-Einheiten zahlen. Händler, die der länderübergreifenden Lagerung zustimmen, erwartet ein erheblicher Mehraufwand an Bürokratie.
Achtung Mehrkosten: Nichtteilnahme lässt sich Amazon bezahlen
Durch die anfallenden Strafgebühren von 0,25 Euro pro Versand entstehen vor allem kleineren Marketplace Händlern Wettbewerbs- und Skalierungsnachteile gegenüber den großen Händlern. Diejenigen Händler also, die sich den Logistikplänen von Amazon widersetzen, müssen sich gut überlegen, ob und wie die anfallenden Zusatzkosten pro Versand umgelegt werden können.
Achtung ausländisches Steuerrecht: Mehraufwand bei Buchhaltung
Auch die Zustimmung zur Auslandslagerung birgt für den Händler Risiken, denn der bürokratische Aufwand für eine Belieferung aus dem Ausland ist für kleine Händler schwerer zu stemmen. Schließlich ist bei der Lagerung der eigenen Produkte im Ausland eine Umsatzsteuerregistrierung nach örtlichem Recht nötig, und der Verkauf dieser Produkte unterliegt dem im Lagerland geltenden Steuerrecht. Für Buchhaltung und Steuerberatung ergibt sich daraus ein nicht unerheblicher Mehraufwand.
Achtung Lieferschwellen: Problematische Rücklieferung nach Deutschland
Ein weiterer Faktor, der bei der Entscheidung für oder gegen eine Teilnahme an der Auslandslagerung bedacht werden muss, ist die problematische Rücklieferung der Waren aus dem Ausland nach Deutschland. Denn in diesem Fall können Lieferschwellen in Kraft treten, die vor allem bei hochpreisigen Produkten schnell erreicht werden. Auch dieser Umstand erhöht den bürokratischen Aufwand für den Marketplace-Händler.
Vorteil und Nachteil: Amazon verkauft Lagerbestand der Händler im Ausland
Als Entgegenkommen von Amazon können Händler, die das Fulfillment zukünftig über Amazon-Auslandslager gestatten, die Funktion „Kauf meines Lagerbestands durch Amazon genehmigen“ im Backend des Amazon Marketplaces anwählen. Dann listet Amazon die Artikel auf allen anderen Marktplätzen und tritt dort auch als Verkäufer auf – Versand und Verkauf übernimmt Amazon und der Händler hat keinerlei Aufwand damit. Allerdings wird in diesem Fall der Verkaufspreis der Waren durch Amazon bestimmt, genau wie die Marge für den Händler. Der Vorteil: Händler können unkompliziert und ohne Risiko neue Märkte austesten, laufen aber auch Gefahr, dass Amazon gut verkäufliche Produkte leichter erkennen, selbst listen und damit dem Händler das Wasser abgraben – dieses Risiko allerdings ist nichts Neues und jedem Händler bewusst, der auf Amazon aktiv ist.
(Pressemeldung: internetworld-messe.de )