Abmahnungen wegen angeblicher oder tatsächlicher Wettbewerbsverstöße gehören zum Alltag im Onlinehandel. Aber oft fühlen sich die abgemahnten Shopbetreiber nicht nur im Recht, sondern sind es sogar. In mindestens drei Vierteln aller Fälle erzielen sie Erfolge, wenn sie sich gegen eine Abmahnung wehren. Das hat eine Studie von Trusted Shops jetzt ergeben.
Trusted Shops, Europas wichtigster Aussteller von Gütesiegeln für Onlineshops, hat 679 Onlinehändler nach ihren Erfahrungen befragt. Das aufbereitete Ergebnis steht inklusive Zahlen, Grafiken und Kommentaren unter www.trustedshops.de/presse zum Download bereit.
Abmahnungen und Gegenmaßnahmen
Nur 12 Prozent der befragten Shopbetreiber fanden die erfolgten Abmahnungen in vollem Umfang berechtigt – dagegen sah sich fast die Hälfte (49 Prozent) völlig zu unrecht abgemahnt. Häufigster Abmahn-Anlass waren mögliche Verstöße gegen das Widerrufs- sowie das Markenrecht.
In über zwei Dritteln der Fälle leisteten die Onlinehändler Widerstand gegen eine Abmahnung: Entweder wiesen sie die Abmahnungen vollständig zurück, änderten die Unterlassungserklärung zu ihren Gunsten oder bezahlten nur einen Teil der geforderten Summe.
Dieses couragierte Verhalten brachte in der Regel wenigstens Teilsiege. Proportional am erfolgreichsten waren Shopbetreiber, die einen „Kompromiss“ angeboten hatten, also eine Änderung der Unterlassungserklärung oder eine Kostenreduzierung. Nur in 15 Prozent aller Fälle war das Vorgehen endgültig erfolglos, bei 10 Prozent läuft derzeit noch ein Gerichtsverfahren.
Abmahnungen gegen Muster ohne Wert
Pikanterweise wurden auch Formulierungen des amtlichen Musters für die Widerrufsbelehrung abgemahnt. Das Muster stammt vom Bundesjustizministerium und sollte eigentlich Händlern, die es verwenden, Rechtssicherheit garantieren. Allerdings haben verschiedene Gerichte entschieden, eben diese Vorlage sei rechtswidrig. Die Bundesregierung bestritt noch jüngst, dass das Muster abgemahnt würde, woraufhin die FDP die Korrektur des Musters im Bundestag beantragte.
Massenabmahnungen durch Media Märkte und Co.
Der Großteil der Abmahnungen geht auf wenige Händler und Vereine zurück. An der Spitze liegt laut Umfrage die Elektronikkette Media Markt mit 18 Prozent der Abmahnungen, gefolgt vom mittlerweile aufgelösten Verein „Ehrlich währt am längsten“.
Existenznot durch Abmahnungen
Obwohl viele Händler erfolgreichen Widerstand leisten, musste die Hälfte der befragten Shops schon über 1.500 Euro Abmahnkosten bezahlen. In Einzelfällen kamen mehrere Zehntausend Euro zusammen. Kein Wunder, dass sich 40 Prozent der Betreiber in ihrer Existenz bedroht sehen.
Aber was lässt sich gegen die derzeitige Abmahnpraxis unternehmen? Als wichtigste Gegenmaßnahme wünschen sich die Händler, dass die möglichen Anwaltskosten gesetzlich limitiert werden. Auch einfachere Gesetze, die unabsichtliche Verstöße verhindern, stehen oben auf der Wunschliste (pressebox, Köln, 17.04.2007).