IBM investiert zehn Mio. Dollar in virtuelle Welten
Das aufdringliche Konzept von Werbung, bei dem Verbraucher überall und zu jeder Gelegenheit mit Werbung bombardiert werden, ist am Aussterben. Wim Vermeulen, Direktor für digitale Innovation bei Ogilvy International, liest diese Entwicklung an virtuellen Welten wie Second Life (SL) ab, wo Präsenzen der Marken die SL-Bewohner anziehen müssen, um erfolgreich sein zu können. „In Second Life stößt man auf keine Plakate, TV-Werbespots oder sonstige Werbung. Der Werber hat eine Insel und es sind die Leute, die zu ihm kommen müssen, nicht wie in der realen Welt, wo die Werbung zum Verbraucher kommt“, sagt Vermeulen heute, Donnerstag, am Rande des Direkt Marketing Kongresses DICOM des Direct Marketing Verbands Österreich, im pressetext-Interview. Der Trend gehe in Richtung eines partizipativen Modells, bei dem der Verbraucher zunehmend die Kontrolle gewinnt und die Werber sie unwiderruflich verlieren, so Vermeulen.
Ob es sich bei SL nur um einen Hype handelt, wie viele behaupten, ist Vermeulen zu Folge eine Glaubensfrage. „Die Frage ist nicht, ob SL groß wird, sondern ob das 3D-Internet erfolgreich wird“, sagt Vermeulen. Dem Computerkonzern IBM ist das Experimentieren mit virtuellen Welten allein in diesem Jahr zehn Mio. Dollar wert. Unternehmen können sich um 1.500 Dollar eine Insel in SL kaufen. Die Miete beträgt dann 300 Dollar monatlich. IBM veranstaltet im Rahmen seiner SL-Präsenz Business-Meetings auf seiner Insel. Das schlimmste was einer Marke in SL passieren könne, sei, wenn die Marken-Insel leer bleibt. „Nissan ist ein gutes Beispiel dafür, was in SL nicht funktioniert: Nämlich die 1:1-Übertragung der realen Welt“, betont Vermeulen. Nissan hatte neue Automodelle präsentiert und zu Testfahrten eingeladen.
Olaf Wolters, Geschäftsführer des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), hat auf SL und In-Game-Werbung einen nüchterneren Blick. „Es ist ein Hype, bei dem derzeit noch wenig verdient wird“, sagt Wolters gegenüber pressetext. Zumindest für die Games-Industrie spiele das noch keine große Rolle. Virtuelle Welten lassen sich aber nicht mit Games vergleichen. „Second Life ist eine Social-Networking-Plattform wie MySpace, nur in 3D. Es ist ein weltweiter Chatroom“, unterstreicht Vermeulen den Unterschied zu Games, bei denen man Aufgaben und Missionen zu erledigen hat. In Second Life hingegen gehe es wie im echten Leben darum, jemand zu sein, nur dass man in Second Life die Person werden kann, die man will. Ein Unterschied besteht auch in den Werbemöglichkeiten der beiden Medien. InGame-Werbung ist wie Product Placement, in SL kann Werbung aber nicht willkürlich platziert werden, sondern die SL-Bewohner müssen die Marke aufsuchen – wenn es sie reizt (pressetext.austria, Wien, 15.03.2007).