Wird TV-Werbung überholt von Online-Werbung?

Ausgaben steigen 2009 in Großbritanien auf Rekordwert von 1,93 Mrd. Euro

Großbritannien ist der erste größere Wirtschaftsmarkt, in dem die Werbeausgaben im Online-Bereich bereits diejenigen im Fernsehen überholt haben. Wie ein aktueller Bericht des britischen Internet Advertising Bureau (iab) h und der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers eststellt, haben Werbetreibende in den ersten sechs Monaten dieses Jahres die Rekordsumme von 1,75 Mrd. Pfund (rund 1,93 Mrd. Euro) für entsprechende Maßnahmen im Internet ausgegeben. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Zuwachs von 4,6 Prozent. Die Online-Werbeausgaben kletterten somit auf den Gesamtmarkt gerechnet auf den Höchstwert von 23,5 Prozent und konnten erstmals den TV-Sektor übertrumpfen, der es lediglich auf 21,9 Prozent Marktanteil geschafft hat.

"Die Online-Werbung hat alle Erwartungen übertroffen und …

in den schwersten Marktbedingungen ein ordentliches Wachstum hingelegt", erklärt Guy Phillipson, Chief Executive des iab. Wie stark diese Entwicklung tatsächlich sei, werde erst klar, wenn man sich verdeutliche, das der Werbemarkt in Großbritannien im selben Zeitraum insgesamt gerechnet mit mehr als 1,5 Mrd. Pfund (rund 1,65 Mrd. Euro) weniger an Investitionen auskommen musste. Anzeigenwerbung im Internet habe angesichts dieser finanziellen Einschnitte im Vergleich zu anderen Bereichen wie TV, Print und Radio eine "besonders gute Performance" hingelegt. Ausschlaggebend hierfür sei vor allem die Tatsache, dass die Werbetreibenden mittlerweile erkannt hätten, dass Online-Werbung eine hohe Bedeutung, Steuerbarkeit und Messbarkeit zukommt. Für die weitere Entwicklung des Werbemarktes in diesem Jahr geht Phillipson von einer eher turbulenten zweiten Jahreshälfte aus.

In Anbetracht der gegenwärtigen Zahlen aus Großbritannien stellt sich nun natürlich die Frage, ob der dortige Trend auch auf andere europäische Länder überschwappen könnte. "Der TV-Sektor kam 2008 in Deutschland bei den Netto-Werbeausgaben auf einen Marktanteil von 20 Prozent. Der Online-Bereich erreichte im selben Zeitraum lediglich einen Anteil von vier Prozent", stellt Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Hierbei seien zwar die Ausgaben für Suchmaschinenwerbung noch nicht mitgerechnet. Aber auch wenn diese miteinbezogen werden würden, käme man hier auf den vergleichsweise mageren Wert von sechs bis sieben Prozent.

Online-Werbung erweise sich zwar weiterhin als Wachstumsmotor für die Branche, der längerfristige Trend zeige hierzulande aber eine abklingende Dynamik. "Im Jahr 2007 konnte Werbung im Web noch ein Plus von 29 Prozent verzeichnen, im vergangenen Jahr ist dieses Wachstum allerdings auf nur mehr neun Prozent zusammengeschrumpft. Für 2009 rechnet der ZAW bislang mit einem Zuwachs von ein bis drei Prozent", erläutert Nickel, der den Rückgang vor allem auf die schlechte konjunkturelle Situation zurückführt. "Auch wenn Online-Werbung im Vergleich zum TV-Sektor sicher noch deutlich wachsen wird, sehe ich für die nächsten Jahre nicht voraus, dass sie das Fernsehen auf dem deutschen Markt überholen wird", so Nickel abschließend.