EU-Kommission pocht auf europäische Datenschutzrichtlinien
London/Brüssel/Wien (pte/15.04.2009/13:55) – Nach Ansicht der EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien Viviane Reading verletzt der Gebrauch des Werbesystems Webwise europäisches Datenschutzrecht. Diese Software erlaubt es Providern, das Verhalten ihrer Kunden im Web anhand der jeweiligen IP-Adressen nachzuvollziehen. Werbung kann anhand der gesammelten Daten individuell an potenzielle Kunden angepasst werden, heißt es von Seiten der Befürworter. US-Senat und Repräsentantenhaus haben schon im Herbst 2008 über zielorientierte Werbetechnologien beraten, wenngleich keine gesetzgeberischen Maßnahmen getroffen worden sind.
„Das europäische Recht ist klar und eindeutig. Informationen über eine Person können nur mit …
Einverständnis des Betreffenden genutzt werden“, sagt Viviane Reding. Die Mitgliedstaaten seien verpflichtet, für die Vertraulichkeit von Daten zu sorgen. Eine entsprechende Mitteilung der europäischen Kommission sei bei der britischen Regierung eingegangen und werde nach Analyse der Sachlage beantwortet werden, hieß es aus regierungsnahen Londoner Kreisen. Die britische Regierung hat bislang Rufe nach strenger Aufsicht ignoriert und freiwillige Testreihen der Telekommunikationsindustrie unterstützt. British Telecom führte erste Probeläufe des Systems ohne Einwilligung der betroffenen User durch. Internetvereinigungen wie die Open Rights Group kritisieren, dass die Regierung Brown europäisches Recht unberücksichtigt ließ, um es der Wirtschaft zu ermöglichen, lukrative Werbestrategien zu entwickeln.
Das Unternehmen Phorm http://www.phorm.com reagierte als Entwickler des strittigen Onlinewerbesystems prompt, indem Jeffrey Brooks Dobbs heute als Chief Privacy Officer engagiert wurde. „Wir sind davon überzeugt, dass unser Produkt mit den relevanten britischen und europäischen Rechtsvorschriften vereinbar ist“, sagt Justin Griffiths, Pressesprecher von Phorm. „Jeffrey Brooks Dobbs personifiziert als Mitautor der W3C-Empfehlungen für Privatsphäre http://www.w3.org/P3P/ das Bekenntnis unseres Unternehmens zum uneingeschränkten Datenschutz“, betont Kent Ertugrul, CEO von Phorm. Schlüsselakteure wie Phorm, Google, AOL und Microsoft einigten sich darauf, dass ohne Einwilligung des Users auf die Sammlung von personenbezogenen Internetdaten verzichtet werden soll. Amazon wird es gar nicht zulassen, dass Onlinewerbesysteme seine Webseiten auslesen können, berichtet die BBC.
„Ich halte einen mit solchen Technologien optimierten Werbemitteleinsatz für einen Zukunftsmarkt mit enormen Wachstums- und Einsparungspotenzial. Bei großen Medienportalen werden Targeting-Technologien ohnehin schon seit längerer Zeit zum Einsatz gebracht“, sagt Gregor Jasch, geschäftsführender Gesellschafter der Werbeagentur PlanB http://www.planb.at. Die Entwicklung gehe in dieselbe Richtung wie beim Mobile Marketing. Dort werden Werbeinhalte anhand von GPS-Daten geographisch optimiert auf die Endgeräte der User gespielt. „Die Einholung des Einverständnisses bei Usern wird für seriöse Unternehmen jedoch von fundamentaler Wichtigkeit sein,“ so Jasch weiter.
Zahlreiche Unternehmen nützen bereits verhaltensorientierte Technologien im Web. Phorm erhält jedoch aktuelle Daten über Userbewegungen im Internet. „Die Europäische Union versucht schon seit mehr als einem Jahr, ein Grundsatzstatement der britischen Regierung zu verhaltensorientierter Werbung im Internet zu erlangen“, sagt Simon Davies von Privacy International in London. Die britische Regierung habe sich in dieser Causa bislang jedoch nicht klar deklariert.