EuGH-Urteil – Darauf müssen Unternehmen jetzt achten
Vergleichende Werbung darf sich nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes auf ganze Warensortimente beziehen, muss aber vom Verbraucher nachprüfbar sein (EuGH, C-356/04). Geklagt hatte der Discounter Lidl Belgien gegen die belgische Supermarktkette Colruyt. Sie hatte damit geworben, dass der Kunde jährlich eine bestimmte Summe einsparen könne, wenn er bei Colruyt und nicht bei einem Wettbewerber einkaufe. Die Konkurrenten, darunter Lidl, wurden ausdrücklich benannt. Welche Produkte bei diesen Berechnungen konkret herangezogen wurden, ließ Colruyt offen. Die Brüsseler Richter entschieden, dass nicht nur einzelne Produkte, sondern ganz Warengruppen miteinander verglichen werden dürfen. Für den Verbraucher muss jedoch erkennbar sein, auf welche Produkte der Preisvergleich beruht. „Vereinfacht ausgedrückt: Man darf nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Denn auch das haben die Richter entschieden: Vergleichende Werbung wäre dann irreführend und damit nicht erlaubt, wenn Unternehmen nicht deutlich machen, dass sich der Vergleich nur auf eine bestimmte Auswahl von Produkten bezieht und eben nicht auf alle Produkte des verglichenen Unternehmens“, so Günter Stein, Chefredakteur des Informationsdienstes „Marketingleitung aktuell „.
Vergleichende Werbung sei jede Werbung, die einen Mitbewerber oder dessen Waren oder Dienstleistungen erkennbar mache – auch bloße werbliche Anspielungen. „Das Gesetz erlaubt vergleichende Werbung grundsätzlich, stellt aber klar, unter welchen Voraussetzungen diese Werbung zulässig ist. Danach ist ein Vergleich beispielsweise verboten, wenn er sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht. Vergleichende Werbung muss sich auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis der Produkte beziehen. Sie darf nicht zu Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber führen oder die Konkurrenz verunglimpfen. Aus juristischer Sicht stellen so genannte Systemvergleiche keine vergleichende Werbung dar, weil in diesen Fällen nicht auf bestimmte, individualisierbare Mitbewerber Bezug genommen wird. Diese Werbeformen sind grundsätzlich zulässig, wenn die aufgestellten Behauptungen wahr sind“, erläutert Stein. Beziehe sich der Vergleich auf ein Sonderangebot, so müsse klar und eindeutig das zeitliche Ende des Sonderangebots und – wenn das Sonderangebot noch nicht gilt – der Zeitpunkt des Beginns angegeben werden.
„Der EuGH hat erneut die Rechte der Verbraucher gestärkt. Wenn ein Produkt oder ein Warensortiment als das günstigste angepriesen wird, muss den Verbrauchern die Möglichkeit gegeben werden, die Behauptung zu überprüfen. Der derzeitige Preiskampf zwischen den Discount-Ketten führt zu aggressivem Marketing und plakativer Werbung. Die Brüsseler Richter haben klar gemacht, dass dabei das Informationsrecht der Verbraucher nicht zu kurz kommen darf“, so das Resümee des Rechtsexperten Peter Wittenberg von der Bonner Kanzlei Mingers & Kollegen im Gespräch mit pressetext (Europäischer Gerichtshof, Brüssel/Bonn, 28.09.2006).