Oberster Gerichtshof stoppt Keyword-Missbrauch auf Google

Österreichisches Urteil als Präzedenzfall für ganz Europa

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat eine folgenreiche Entscheidung im Bereich Keyword-Advertising und Google gefällt. Das österreichische Höchstgericht untersagt den Kauf und die Verwendung markenrechtlich geschützter Begriffe, um bei Suchergebnissen von Google vor den eigentlichen Inhaber der Marke gereiht zu werden. „Mit diesem Beschluss hat sich erstmals ein Höchstgericht im deutschsprachigen Raum mit der Unzulässigkeit von Keyword-Advertising auseinandergesetzt“, erklärt Axel Anderl, Rechtsanwalt bei Dorda Brugger Jordis, der die klagende Partei vertreten hat. „Da die Wechselwirkung gerade im IT-Recht sehr groß ist, gehe ich davon aus, dass die Entscheidung auch für Deutschland bzw. ganz Europa als Präzedenzfall dienen wird“, so der IT-Rechtsexperte im pressetext-Interview.

Im konkreten Anlassfall wurde der Beschwerde der österreichischen Vinothek-Kette Wein & Co Recht gegeben, die ihre Markenrechte durch eine große österreichische Lebensmittelkette verletzt sah. Diese hatte den Begriff „Wein & Co“ als Keyword bei Google gekauft und diesen Begriff zudem als Überschrift für den Eintrag der eigenen Webseite verwendet. Suchte ein User nun nach dem Unternehmen Wein & Co, schien an erster Stelle und unter dem Namen der Konkurrenz die URL der Lebensmittelkette auf. Eine derartige Praxis sei unzulässig, so der OGH. Nach der Entscheidung ist bereits der Kauf des fremden Kennzeichens als Suchwort alleine unzulässig. Dabei spielt es keine Rolle, ob das fremde Suchwort als Überschrift des Treffers aufscheint oder nicht.

Wenig überrascht von der österreichischen Grundsatzentscheidung zeigt sich im Gespräch mit pressetext auch Hendrik Schöttle, Rechtsanwalt im Münchner Büro der Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke. Er rät Unternehmen beim Online-Marketing zu verstärkter Vorsicht. „Ein Hauptproblem ist, dass in diesem Bereich das Bewusstsein für wettbewerbsrechtliche Gefahren noch nicht ausgeprägt ist“, so Schöttle. Als potenzielle Falle gilt dabei die von Google und anderen Suchmaschinenbetreibern angebotene Option, dass zu bewusst ausgewählten Suchwörtern automatisiert auch ähnliche Begriffe in den Keyword-Pool genommen werden können. „Werbende Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass dabei auch ein markenrechtlich geschützter Firmenname oder Begriff des Mitbewerbers dabei sein kann“, warnt Schöttle. Den Streitwert bei derartigen Fällen gab Schöttle mit 5.000 bis 50.000 Euro an.

Für Google könnte das Urteil ebenfalls weitreichende Konsequenzen haben. „Google macht mit dem Verkaufen von Suchwörtern und dem Vorreih-System viel Geld. Wenn nun die zugkräftigsten Keywörter wegfallen, da sie aufgrund der wettbewerbsrechtlichen Situation nicht mehr an Konkurrenten verkauft werden dürfen, zieht das natürlich einen Einnahmeverlust mit sich“, so Anderl. Bei Google zeigte man sich in einer ersten Reaktion bedeckt. Man wolle den Anlassfall ohne genaue Kenntnis des Sachverhalts derzeit nicht kommentieren, werde sich aber eingehend mit dem Urteil auseinandersetzen, so Google-Sprecher Kay Oberbeck auf Anfrage von pressetext (pressetext.austria, Wien, 08.05.2007).