Schiedsgericht annulliert wertvolle .eu-Domains

Eurid streicht brisante Passagen aus öffentlicher Mitteilung

Das Vergabechaos rund um die .eu-Domains geht in die nächste Runde. Wie erst jetzt bekannt wurde, sind in den vergangenen Tagen eine Reihe von wertvollen .eu-Domains vor dem dafür zuständigen Schiedsgericht ADR in Prag annulliert worden. 24 in der Sunrise-Phase zugesprochene Domains wie arzt.eu, fkk.eu, liebe.eu und wetter.eu wurden dem ursprünglichen Inhaber aberkannt, da sie auf absurde Markenregistrierungen mit exzessiv verwendeten Sonderzeichen zurückgehen. So hatte der Domain-Antragssteller etwa die Marken „A&R&Z&T“ oder „F&K&K“ registriert, was diesen nach den formulierten Sunrise-Regeln zunächst zur Inanspruchnahme von den Sonderzeichen-freien Entsprechungen „arzt“, „fkk“ und ähnlichen berechtigte.


Durch den jetzigen Schiedsspruch sowie die bereits seit längerem existierende Diskussion um derartige Sonderzeichenmarken sehen sich Gegner des Domainvergabeverfahrens erneut in ihrer Kritik bestätigt. Ursprünglich für Unternehmen wie H&M http://www.hm.com oder C&A http://www.c-and-a.com zur Durchsetzung ihrer Domainansprüche ohne Sonderzeichen vorgesehen, wurde diese Regelung offenbar gezielt von hunderten Antragsstellern missbraucht. Während in ähnlichen Fällen wie „Barc&Elona“ (barcelona.eu) oder „R&E&I&F&E&N“ (reifen.eu) den Beschwerdeführern in einem ADR-Verfahren Recht gegeben wurde, wurde Kritikern zufolge allerdings auch eine Reihe von Urteilen gefällt, bei denen die exzessive Sonderzeichen-Verwendung in Markennamen akzeptiert wurde.

„Was uns stört, ist dass die Rechtssprechung am Schiedsgerichtshof so uneinheitlich ausfällt und sich die einzelnen Gutachter nur ungenügend abstimmen“, kritisiert Stefan Golkowsky, Patentanwalt bei Pfenning, Meinig & Partner, im Gespräch mit pressetext. Dass sich die EU bzw. die Vergabestelle Eurid für relativ offene Regularien entschieden habe, sei per se nicht abzulehnen. Die Sunrise-Regularien seien allerdings so formuliert gewesen, dass Missbrauch möglich wurde“, plädiert Golkowsky daher für eine strengere wettbewerbsrechtliche Überprüfung. „Wenn die EU und das Schiedsgericht Ernst genommen werden wollen, müssen sie derartige Missbrauchsvorwürfe in jedem Fall klären“, meint Golkowsky. Beschwerdeführern in ADR-Verfahren empfiehlt die Kanzlei die Inanspruchnahme von teureren Dreiergremien, da diese ausgewogener urteilten, sowie eine breit angelegte Recherche.

„Die zum Teil ablehnenden ADR-Verfahren im Bereich der Sonderzeichen-Marken stellen ja nur einen ganz kleinen Splitterteil der fraglichen Domainmasse dar. Die ebenso absurden Wortmarkenregistrierungen wurden vom Schiedsgericht bisher in keinem Fall beanstandet“, meint Daniel Kollinger, Initiator der vergabekritischen Plattform Eudomaindesaster.org, gegenüber pressetext. Kollinger kritisiert dabei vor allem die fehlenden Kontrollmöglichkeiten. „Natürlich kann man jede Domain einzeln überprüfen. Um ein umfassendes Bild zu bekommen, benötigt ein Einzelner aber Monate“, so Kollinger weiter. Je mehr man aber geforscht habe, desto mehr hätten sich allerdings auch die Anfangsverdachte bestätigt, kann Kollinger keine Entwarnung geben – im Gegenteil.

Verwunderung herrscht indes auch über eine öffentliche Mitteilung der Eurid vom 24. Juli dieses Jahres. Fand sich in der zunächst online publizierten Stellungnahme zu den 74.000 Betrugsfällen noch die Argumentation, dass „der systematische Erwerb von Domains nur zum Zwecke des Wiederverkaufs ein missbräuchliches Verhalten“ darstelle und zur Entziehung der Domains berechtige, findet sich unter dem selben Eintrag nun plötzlich kein derartiger Hinweis mehr. Auch der ursprüngliche Hinweis, dass ein Missbrauch des Systems zu einer Abwertung der .eu-Domains im Allgemeinen führe, ist in der überarbeiteten Stellungnahme still und heimlich entfernt worden (pressetext.deutschland, Brüssel/Prag, 19.09.2006).